Kapitel 1 – Das Aufeinandertreffen

„Wir tauschen Kippen gegen Bier! Kommen wir ins Geschäft?“

So oder so ähnlich haben meine damalige Freundin Steffi und ich einen Deal mit zwei wildfremden Typen ausgehandelt.

Es war in den Sommerferien im August 2012, als ich mit Stefanie an der Wand der Sporthalle vom Gymnasium Sottrum saß und mit Dubstep-Musik aus einem LG GS290 Cookie mit damaliger „stabiler“ Soundqualität den warmen Sommerabend genoss.

Als es dämmerte sahen wir, wie eine Gruppe von fünf Typen zum Gymnasium wanderte und sich 50 Meter weiter auf die Stuhlkette an der Schulbushaltestelle setzte. Wir hörten das Klirren der Glasflaschen und wussten, dass die Gruppe sich da drüben achtarmig einen reinorgeln wird.

Steffi und ich hatten gar nicht daran gedacht uns im Dorf Alkoholisches zu erschnorren. Wir waren zu dem Zeitpunkt erst 15 Jahre alt und der Aufwand in diesem Alter an Alkohol zu kommen, war abhängig von der Kassiererin im Dorfladen oder an der Tankstelle dann doch häufig zu hoch.

Wir beobachteten die Typen aus der Ferne und spekulierten, ob wir jemanden von denen vielleicht schon mal gesehen hatten. Steffi zündete sich lässig eine Zigarette an. Die Packung hatte ihr ein älterer Freund von der Realschule besorgt.
Ich weiß nicht, ob es das Geräusch des Feuersteins im Feuerzeug, oder das Glimmen der Glut am Ende der Zigarette war, was die Typen auf uns aufmerksam gemacht hatte, aber zwei von ihnen erhoben sich von ihrem Platz.

„Oh Gott, die kommen zu uns rüber – ich hab Angst, die wollen uns bestimmt etwas antun!“ Steffi presste sich an die Wand der Sporthalle. Dann standen die beiden Unbekannten auch schon vor uns.

Der Deal ging schnell über die Bühne. Ich nahm Steffi ein paar Kippen ab und gab sie den beiden Typen, die sich uns als Peter und Yannik vorstellten. Sie gaben uns zwei Flaschen Becks und gingen ohne Weiteres wieder zurück zu ihrer Gruppe.

Wir brauchten nicht lange, um festzustellen, dass wir einen schlechten Tausch gemacht hatten. Das Bier war warm und schmeckte uns überhaupt nicht. Ich schlug Steffi vor, uns bei den Fremden zu beschweren und Steffis Zigaretten zurückzuverlangen.

Gesagt, getan. Wir standen auf und gingen die 50 Meter zur Haltestelle und den besetzten Stühlen.
Wir setzten uns ohne ein Wort auf den Boden vor der Stuhlkette und hielten die schlecht schmeckenden Biere in die Richtung, aus der sie gekommen waren.

„Euer Bier schmeckt scheiße. Wir wollen die Zigaretten zurück!“ forderte ich.

Daraus wurde nur leider nichts, die Zigaretten waren bereits futsch. Stattdessen lernten wir den Rest der Gruppe kennen. Florentin, Jan und „Maddi“.

Ich erkannte Jan sofort. Er war zwei Stufen über mir im Gymnasium und gehörte für mich zu der Kategorie „Skater Boys“. Peter und Flo sollten nach den Sommerferien in die Oberstufe des Gymnasium Sottrums wechseln.

Der Abend nahm seinen Lauf und es fühlte sich so an, als würde ich den Großteil dieser Truppe bereits seit Jahren kennen.

Nach Mitternacht begann sich die Party so langsam aufzulösen. Yannik wollte noch unsere Handynummern austauschen, damit wir zeitnah wieder zusammenkommen können. Als ich gerade dabei war, ihm meine Nummer zu diktieren, fiel mir auf, dass sich der Kleinste der Gruppe neben mich gestellt hatte und ebenfalls angefangen hat, meine Nummer mitzutippen.

Ich war etwas verwundert, denn ich hatte ihn den Abend über kaum wahrgenommen und dachte nicht, dass er überhaupt Interesse für eine von uns gehabt hätte. Jedes Mal, wenn ihn jemand an diesem Abend rief, verstand ich „Martin“ anstatt „Maddi“ und hatte kurzzeitig sogar etwas Mitleid mit ihm wegen dieses Namens. Später klärte mich Yannik aber über seinen richtigen Namen auf. „Maddi“ stand für Mathieu.

Der Abend, sowie auch unsere Getränke, neigten sich dem Ende.
Da ich selbst erst an dem Abend Jan, Peter & Florentin kennenlernte, hatte ich damit schon genug zu tun und demnach wenig Interesse an einer Konversation mit den beiden fremden Mädels, die da am Gymnasium saßen.

Irgendwann stand Yannick mit ihnen im Kreis und hielt sein Handy in der Hand. Ich hatte die Namen, mit denen sie sich zuvor vorgestellt hatten bereits vergessen, dachte mir aber: Wenn ich schon mal hier bin, schreibe ich auch einfach die Nummer mit, welche eine der beiden (Romina) gerade am diktieren war. Am nächsten Morgen stellte ich dann verblüfft fest:

Nicht nur hatte ich mittendrin angefangen mitzuschreiben und somit schon die Hälfte der Handynummer nicht mitbekommen, natürlich hatte ich aber auch keinen Namen zu besagter Nummer, weshalb sich am nächsten Morgen hinter dem Kontakt „adfsda“ lediglich eine halbe Nummer ohne Vorwahl befand. „Starke Leistung“, dachte ich mir. 

Später sollte sich herausstellen, dass selbst die zweite Hälfte, welche ich noch gerade so mit tippen konnte, überhaupt nicht mit Rominas Handynummer übereinstimmte. 

..Es war aber auch schon wirklich „spät“..

Maddi